Synthetische Cannabinoide: Schreckgespenst des Schwarzmarkts oder Hoffnung der Medizin?

by Janika Takats

Synthetische Cannabinoide wurden einst von Wissenschaftlern entwickelt, um pflanzliche und körpereigene Cannabinoide (Endocannabinoide) besser erforschen zu können. Für die medizinische Praxis sind synthetische Cannabinoide wie z.B. Canemes ® (ein künstlich hergestellter Wirkstoff aus der Hanfpflanze) zugelassen und können verordnet werden. Auch natürliche Cannabinoide, die die Hanfpflanze bildet, wie beispielsweise CBD oder THC, lassen sich synthetisch herstellen. Synthetische Cannabinoide weisen im Körper eine ähnliche pharmakologische Wirkung wie Phytocannabinoide auf, werden allerdings künstlich und nicht aus der Cannabispflanze gewonnen.

In letzter Zeit taucht der Begriff “synthetische Cannabinoide” aber auch vermehrt in einem anderen Kontext auf: Durch das Cannabisverbot gelangten Stoffe, die eigentlich zu reinen Forschungszwecken und nicht am Menschen genutzt werden sollten, als vermeintlich legale Alternative auf den Schwarzmarkt. Manche Konsumenten nutzen diese Produkte bewusst, andere wissen nicht von ihrem Konsum und kommen mit der Substanz als Streckmittel auf vermeintlich “sehr starkem” Cannabis in Kontakt. Sie erkennen die Verunreinigung nicht und es kommt immer wieder zu medizinischen Notfällen durch akute Psychosen, Herz- und Kreislaufprobleme, epileptische Anfälle bis hin zum Tod. Es ist nicht sinnvoll, diese Stoffe mit Cannabis und mit anderen synthetischen Cannabinoiden zu vergleichen. Es handelt sich um stark veränderte chemische Streckmittel, die nicht erkannt werden und für die es zumindest in Deutschland kaum legale Testmöglichkeiten gibt z.B. durch Drug-Checking. Sie können schwerwiegende gesundheitliche Folgen für jugendliche und erwachsene Cannabiskonsumenten haben, die sich aktuell aus dem Schwarzmarkt versorgen. 

Dieser Artikel ist ein Versuch der Abgrenzung des Begriffs “synthetische Cannabinoide” und dient dazu, den Begriff in seiner unterschiedlichen Bedeutung klar zu unterscheiden.

Autoren: Janika Takats und Lisa Haag

Als synthetische Cannabinoide oder synthetische Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten werden Stoffe bezeichnet, die ähnlich wie pflanzliche oder körpereigene Cannabinoide an den entsprechenden Rezeptoren andocken und eine Wirkung entfalten. Der amerikanische Chemiker John William Huffmann fing im Jahr 1984 an, mit seinem Forschungsteam Cannabinoidverbindungen – vornehmlich solche, die ähnliche Eigenschaften wie THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) aufwiesen – zu synthetisieren. In einem Zeitraum von 20 Jahren entwickelten Huffmann und sein Team über 400 synthetische Cannabinoidverbindungen, die als pharmakologische Werkzeuge dazu genutzt wurden, um Endocannabinoide und Cannabinoidrezeptoren besser zu verstehen. Neben der Erforschung der CB1- und CB2-Rezeptoren erhoffe man sich auch durch die Synthese neuer Cannabinoide neue Medikamente, beispielsweise als Alternative zu THC, entwickeln zu können. 

Seit den 2000er Jahren werden Huffmanns Forschungsergebnisse jedoch auch auf dem Schwarzmarkt dazu genutzt, um „synthetisches Cannabis“ herzustellen und dieses als scheinbar legale Alternative zu vertreiben. Die im Internet oder im Darknet erhältlichen Produkte sollen die Wirkung von THC imitieren und den Konsumenten einen ähnlichen psychoaktiven Effekt verschaffen. Die im Labor hergestellten Cannabinoide werden dazu auf verschiedene Kräutermischungen aufgetragen und als „Räuchermischungen auf Kräuterbasis“ oder als „Legal Highs“ vertrieben. Diese tragen Handelsnamen wie „Spice“, „K2“, „Spice Gold“ oder „Yucatan Fire“. Auf Grund ihrer Neuartigkeit waren die entsprechenden psychoaktiven Substanzen vorerst nicht reguliert. Diesen Umstand nutzen Produzenten und Händler, um diese frei zu verkaufen ohne (vorerst) rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. 

Erfolgloses Katz-und-Maus-Spiel

2008 wurde das von Huffmann drei Jahre zuvor synthetisierte Cannabinoid JWH-018 erstmals in entsprechenden Proben nachgewiesen, nachdem das Drogenreferat der Stadt Frankfurt eine genaue Analyse in Auftrag gegeben hatte. JWH-018 soll 200- bis 400-mal stärker als THC sein und ist strukturverwandt mit Psilocybin. Dadurch, dass synthetische Cannabinoide wesentlich stärker wirken als natürliches Cannabis, kann es nach dem Konsum zu schweren Nebenwirkungen kommen, die natürliches Cannabis nicht oder nur in wesentlich geringerem Ausmaß hervorruft. Im Gegensatz zu Cannabis ist mit diesen Stoffen auch eine tödliche Überdosis möglich. 

Zunächst machte sich der Gesetzgeber daran, die entsprechenden Stoffe zu verbieten, sobald diese bekannt wurden. Dies führte jedoch nur dazu, dass die Produzenten die Zusammensetzung ihrer Mischungen abwandelten und so immer neue synthetische Cannabinoide mit bisher kaum getesteten Wirkungen auf den menschlichen Organismus auf den Markt warfen. So entstand ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem der Gesetzgeber immer einen Schritt hinterher hinkte und entsprechende Verbote ihr Ziel verfehlten. 

Mit dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) wurde im Jahr 2016 ein Gesetz erlassen, welches in Ergänzung zum Betäubungsmittelgesetz und dem Arzneimittelgesetz den Umgang mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) verbietet und teilweise unter Strafe stellt. Damit wurden die meisten Produkte, die zuvor als Legal Highs gehandelt wurden, illegal. Österreich und die Schweiz verfügen über ähnliche rechtliche Regulierungen. In anderen Ländern wie China, wo der Großteil der synthetischen Cannabinoide für den europäischen Markt produziert wird, ist die Herstellung jedoch nach wie vor erlaubt. 

Wie auch bei anderen Drogen hat das neue Gesetz den Umgang mit NPS zwar verboten, ein Verschwinden des Marktes konnte aber auch laut einer Untersuchung für die Bundesregierung jedoch nicht erreicht werden. Die entsprechenden Kräutermischungen sind weiterhin im Internet erhältlich. Dazu müssen sich Nutzer nicht einmal ins Darknet begeben. Der Markt für Legal Highs boomt seit ihrem Aufkommen vor allem dort, wo das Cannabisverbot besonders restriktiv angewendet wird, wie zum Beispiel in Bayern oder Thüringen. In den vergangenen Jahren warnte die Polizei dort immer wieder vor besonders gefährlichen Kräutermischungen, die Konsumenten ins Krankenhaus beförderten und es sogar zu einigen Todesfällen kam.

Risiken synthetischer Cannabinoide nicht zu unterschätzen

Konsumenten, die diese Substanzen bewusst konsumieren und dadurch ein Cannabis-ähnliches High suchen, greifen auf synthetische Cannabinoide vornehmlich aus zwei Gründen zurück: zum einen, weil echtes Cannabis nicht verfügbar ist und zum anderen, weil so die negativen Folgen eines positiven Drogentestes – sei es bei einer Verkehrskontrolle oder im Zuge einer medizinisch-psychiatrischen Untersuchung MPU – umgangen werden sollen. Es ist inzwischen möglich, Abbauprodukte von synthetischen Cannabinoiden im Urin nachzuweisen. Jedoch ist das Risiko, damit erwischt zu werden, immer noch geringer als bei Cannabis.

Jahr für Jahr sterben in Deutschland Menschen durch den Konsum von synthetischen Cannabinoiden. Zu den bekannten Nebenwirkungen gehören Krampfanfälle, Panikattacken, Übelkeit, Schweißausbruch, Blackout oder Bewusstlosigkeit. Auch die Gefahr einer Abhängigkeit ist bei synthetischen Cannabinoiden wesentlich höher als bei natürlichem Cannabis. Durch die sich ständig ändernde Zusammensetzung können Konsumenten die Wirkung nie genau abschätzen. Dazu kommt, dass die Wirkstoffkonzentration von Charge zu Charge und selbst von Päckchen zu Päckchen stark schwanken kann, was diesen Drogentyp noch unberechenbarer macht. 

Und es besteht noch ein weiteres Problem: Ärzte im Krankenhaus und in der Notaufnahme wissen, wie man Patienten mit einer Überdosis von „klassischen Drogen“ wie Alkohol, Cannabis und selbst Kokain und Heroin am besten helfen kann. Da bei synthetischen Cannabinoiden die Stoffzusammensetzung meist völlig unbekannt ist, können die Ärzte nur auf Verdacht behandeln. Institutionen wie Drogenberatungsstellen oder der Deutsche Hanfverband raten daher dringend vom Konsum synthetischer Cannabinoide ab. Doch für Konsumenten wird es immer schwieriger, diesen Rat zu befolgen, denn synthetische Cannabinoide sind inzwischen ein beliebtes Streckmittel für den Cannabis-Schwarzmarkt geworden und werden nicht als solche erkannt. 

Gefährlicher Trend auf dem Schwarzmarkt 

Seit Anfang 2020 häufen sich in den Medien Berichte über mit synthetischen Cannabinoiden versetzte Cannabisblüten oder Haschisch auf dem Schwarzmarkt, in Deutschland z.B. berichtet und recherchiert durch Vice.com oder in der Schweiz im SRF. Die Dealer nutzen dazu Cannabis mit geringem THC-Gehalt oder Nutzhanf und versetzen dieses mit den entsprechenden Substanzen, um die Wirkung zu erzeugen. Neben Berichten von Konsumenten über eine ungewöhnliche Wirkung wurde bereits im Februar 2020 in einer Probe der Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Freiburg ein entsprechender Fund in einer eingeschickten Probe nachgewiesen. 

Anfang Januar 2021 sprach die Drogenbeauftragte der Stadt Berlin eine akute Warnung aus: “Auch in Berlin ist Haschisch aus dem Straßenverkauf versetzt mit dem synthetischen Cannabinoid MDMB-4en-PINACA aufgetaucht und hat bei Klienten zu Verwirrtheit, Schwindel bis hin zu Ohnmacht geführt”. Für die Konsumenten sind synthetische Cannabinoide im Cannabis kaum zu erkennen. Umso verheerender können die Folgen für sie ausfallen. Im Glauben, reines Cannabis zu nutzen, rechnet niemand mit Nebenwirkungen bzw. passt die Dosis dementsprechend an.

Aktuell berichtet auch der Deutsche Hanfverband vermehrt über die Thematik und verweist dabei auf aktuelle Probenuntersuchungen hin, veröffentlicht auf dem Info-Portal zu Neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) der Frankfurter BAS!S e.V. Dabei waren 37% der Proben (79 von 211) mit synthetischen Cannabinoiden gestreckt. Es lasse sich aber schlimmeres vermuten, z.B. gab es “polizeilichen Sicherstellungen mit 48kg CBD Hanf mit dem synthetischen Cannabinoid ADB-BUTINACA”. “Es ist also davon auszugehen, dass deutlich mehr gestrecktes Cannabis auf dem Markt ist, als es unsere Daten zeigen.” resümiert der Verantwortliche Karsten Tögel-Lins.

Hausgemachtes Problem

Synthetische Cannabinoide wurde auf den Markt gebracht, um die Strafverfolgung, die sowohl Händlern und Konsumenten bei Cannabis droht, zu umgehen. Der Vertrieb und der Gebrauch können damit als direkte Folge des Cannabisverbotes angesehen werden. Bis heute sind sich viele Konsumenten der Gefahr, die von der vermeintlich legalen Alternative ausgeht, nicht bewusst. Um so perfider wird die Situation, wenn es Anwendern nicht einmal bewusst ist, dass sie die wesentlich stärkeren synthetischen Cannabinoide zu sich nehmen. Jeder dadurch ausgelöste medizinische Notfall ist umso tragischer, weil er eher als eine Folge der Prohibition als des Cannabiskonsums selbst zu werten ist. Dies gilt besonders bei jungen Menschen, die durch die fehlende Alterskontrolle auch weiterhin einen uneingeschränkten Zugriff auf den Schwarzmarkt haben. 

Die Medizinerin und Sprecherin für Drogenpolitik der Grünen, Dr. Kristen Kappert-Gonther, warnt schon seit längerem vor dem Einsatz von synthetischen Cannabinoiden als negative Konsequenz des Cannabisverbots. Im allgemeinen Diskurs um die Fortführung des Verbots finden synthetische Cannabinoide und die viel höhere Gefahr, die von ihnen ausgeht, allerdings immer noch wenig Beachtung. Auch das NPS ist für Kappert-Gonther gescheitert: “Die Evaluation des Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetzes von 2016 fällt verheerend aus. Es zeigt deutlich: Die Prohibition schadet. … Der Ausweichkonsum psychoaktiver Stoffe könnte eingedämmt werden, wenn eine kontrollierte Abgabe von Cannabis umgesetzt würde.”

Durch einen regulierten Cannabismarkt hingegen könnten Produzenten und Händler flächendeckend kontrolliert werden und Produkte können nicht in den Schwarzmarkt verschwinden. Der Einsatz und der Verkauf von synthetischen Cannabinoiden könnte somit effektiv unterbunden werden. Gleichzeitig würde die Nachfrage nach Schwarzmarktprodukten durch die Verfügbarkeit von sicheren und legalen Alternativen rapide abnehmen. In Kanada kaufen laut der letzten Befragung von Health Canada inzwischen rund 41% der Käufer ihre Produkte an legalen Stellen, im Vergleich zu 24% im Vorjahr. Die mit einem regulierten und qualitätsgesicherten Markt verbundenen Maßnahmen dienen konkret der Schadensminimierung, dem Jugendschutz und dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung.

Die Schweiz und die Industrie dort vor Ort haben das Problem erkannt

In der Schweiz ist das Problem mit den synthetischen Streckmitteln schon länger erkannt. Der Markt dort erlaubt im Gegensatz zu Deutschland Hanfprodukte als Tabakersatzprodukte und es gibt einen florierenden legalen Markt mit 1% THC-Grenzwert. Auch deshalb sieht man es zumindest bei der IG Hanf als Industrie-Thema, möglichst viele der in der Schweiz hergestellten Produkte für einen weißen Markt zu erhalten. Die Unternehmen tracken ihre Produkte vom Samen bis zum Verkauf. Unternehmen wie beispielsweise Cannavigia bringen durch eigens für den Cannabis-Markt entwickelte SaaS-Lösung mehr Transparenz und Nachverfolgbarkeit in die Wertschöpfungskette. Die seriösen Firmen folgen einer strengen Selbstverpflichtung und arbeiten gemeinsam mit den Behörden und Kantonen an Lösungen und an Qualitätsstandards. Ein Drug-Checking der Stadt Zürich aus 2020 wies synthetische Cannabinoide auf rund 50% der eingereichten Proben (Link zum Download auf Seite der IG Hanf) nach. Für das kommende Jahr plant die Schweiz mit einem Modellprojekt zur Abgabe von Cannabis über Apotheken – unter anderem um Verunreinigungen vom Konsumenten fern zu halten und eine kontrollierte Abgabe zu marktüblichen Preisen wissenschaftlich zu begleiten.

Synthetische Cannabinoide in der Medizin

Man muss die gerade erklärten Substanzen ganz klar von dem unterscheiden, was man in der legalen Cannabisbranche als synthetische Cannabinoide bezeichnet. Ein Forscher, Apotheker oder Arzt versteht erstmal nichts Negatives unter dem Begriff “synthetische Cannabinoide”, für ihn stehen diese in einem ganz anderen Kontext. Unabhängig all der Negativberichte zu synthetischen Cannabinoiden haben Forscher die Hoffnung nicht aufgegeben, spezifische Moleküle dieser Substanzgruppe zielgerichtet in der Medizin einsetzen zu können. Das umfangreiche Wirkspektrum und die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten, die natürliche und synthetische Cannabinoide jetzt schon in der Medizin bieten, lassen auf die Entwicklung neuartiger Medikamente hoffen, die noch mehr bzw. gezieltere Behandlungsmöglichkeiten von Krankheiten ergeben.

Einer der Grundpfeiler der pharmazeutischen Forschung und der modernen Medizin besteht darin, in der Natur vorkommende Stoffe nachzubauen und/oder so zu modifizieren, dass sich deren Wirkung vorteilhafter auf den menschlichen Körper auswirkt. Dadurch werden zum Beispiel das Wirkspektrum erhöht, die Effektivität gesteigert oder unerwünschte Nebenwirkungen minimiert. Die so entwickelten Substanzen sind daher aus medizinischer Sicht ihren Ausgangsstoffen meist überlegen, weil sich Art und Dauer der Wirkung oder die Geschwindigkeit der Ausbreitung im Körper gezielt steuern lassen. Zudem können sie isoliert häufig zu einem Bruchteil der Kosten produziert werden.

Auch der Entdecker der Cannabinoide und „Vater der Cannabisforschung“ Dr. Raphael Mechoulam forscht in diesem Feld. Im Jahr 2019 verkündete er, dass es ihm und seinem Team gelungen war, das Säuremolekül CBDA, die Vorstufe des bekannteren CBD, zu stabilisieren. Durch diese Synthese sei es möglich geworden, die Substanz besser zu erforschen. CBDA bindet sich tausendmal potenter an einen bestimmten Serotonin-Rezeptor, bei dem vermutet wird, dass er für die Linderung von Übelkeit oder Angstzuständen verantwortlich ist, als andere Cannabinoide. Verständlich also, dass sich die Forscher hier Fortschritte für die medizinische Anwendung versprechen.

Um weitere Medikamente auf Cannabinoidbasis zu entwickeln, müssen Forscher zunächst verstehen, wie die natürlichen Stoffe der Cannabispflanze – etwa Cannabinoide oder Terpene – an den Rezeptoren im menschlichen Körper wirken und untereinander interagieren. Gleiches gilt für synthetische Cannabinoide und deren (oftmals stärkere) Wirkweisen. So kann die Aufklärung von Wirkmechanismen der Cannabisbestandteile, die beispielsweise das Wachstum von Tumorzellen hemmen, zur Entwicklung neuer Krebs-Behandlungsmethoden führen. Bei einigen synthetischen Cannabinoiden wurden deutlich stärkere Antitumoreffekte messbar als bei den pflanzlichen Cannabinoiden THC und CBD, ohne dabei einen psychoaktiven Effekt hervorzurufen. Dennoch wirken synthetische Cannabinoide anders als Phytocannabinoide und können so auch stärkere Nebenwirkungen haben. Allerding lässt sich die hohe Potenz von synthetischen Cannabinoiden, die im unkontrollierten Freizeitgebrauch zu gravierenden Nebenwirkungen führen kann, in der Medizin sinnvoll nutzen. Zulassungen neuer medizinische Produkte sind aber aufgrund der hohen Anforderungen langwierig und kostspielig. 

Wichtig ist in der gesamten Debatte, sich nicht von negativen Schlagzeilen in die Irre führen zu lassen: Synthetische Cannabinoide haben durchaus eine Daseinsberechtigung, solange sie dafür genutzt werden, wozu sie gedacht sind. Die Förderung der wissenschaftlich fundierten Suche nach neuen Therapiemöglichkeiten mit Cannabinoiden, einschließlich synthetischer, ist aus heutiger Sicht sinnvoll und vielversprechend. Die Problematik, dass synthetische Cannabinoide auf dem Schwarzmarkt missbraucht werden, kann weder das Cannabisverbot noch das NPS-Gesetz verhindern, wie die Praxis zeigt. Eine Cannabisregulierung dagegen könnte die Nachfrage deutlich senken, da sie die entsprechenden Substanzen überflüssig macht. Hier ist die Politik gefragt, besonders im Superwahljahr 2021.

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