Die Cannabis-Clubs starten am 1. Juli offiziell. Die Mary Jane rückt im Juni in den Fokus. Telemedizin-Anbieter erleben Aufschwung und Kritik. Die Sanity Group sammelt bis zu 17 Millionen Euro ein. Die „Endlich“-Kampagne will medizinisches Cannabis in ein neues Licht rücken.
#CannaClubs
In der Frankfurter Rundschau (9.6.2024) bezeichnet Andreas Gerhold, Gründer des Cannabis Social-Clubs Hamburg, das Änderungsgesetz als einen „Todesstoß für viele Anbauvereinigungen“. Der Hamburger halte die geplanten Regeln zum Anbau von Cannabis für „kontraproduktiv“. Für Cannabis-Konsumenten könnten sie Nachteile haben, auch beim Preis. Auch die Zeit (13.06.2024) berichtet Mitte Juni, dass die Vergabe der Lizenzen unklar sei. Viele Cannabis Social Clubs seien nicht in der Lage, rechtzeitig Erlaubnisse zu beantragen, da die Bundesländer noch keine zuständigen Behörden benannt hätten. Die Clubs fehlen Planungssicherheit, was Investitionen behindere. Immerhin bewahrheiteten sich nicht alle Befürchtungen und Anfang Juli hatten die Bundesländer mit ganz wenigen Ausnahmen zuständige Behörden benannt.
Die Badische Neuste Nachrichten (13.6.2024) berichten Mitte Juni ebenfalls von Bürokratie und unkalren Regelungen. Viele Vereine könnten mangels klarer Vorschriften und zuständiger Behörden keine Lizenzen beantragen. Diese Unsicherheiten halte Vereine von Investitionen ab. Torsten Dietrich vom Cannabis Social Club Berlin hoffe, Anfang 2025 das erste Gras an Mitglieder abgeben zu können, aber die Verzögerungen seien problematisch.
Laut Süddeutscher Zeitung (28.6.2024) sei das Interesse an Cannabis-Anbauvereinigungen in Rheinland-Pfalz bis Ende Juni stark gewachsen. Es gebe bereits viele Interessensbekundungen und neu gegründete Vereine. Das LSJV werde die Anbauvereinigungen kontrollieren, und das Sozialministerium plane eine Evaluation.
Kurz nach dem Start der Cannabis Clubs am 1. Juli (3.7.2024) gab es aus Bayern die ersten skeptischen Stimmen. Chiemgau24 schreibt, dass die gesetzlichen Vorgaben für legalen Cannabis-Konsum streng seien – auch für die Anbauvereine. Diese dürften ab dem 1. Juli starten. Doch in Bayern gebe es für sie noch einige Hürden zu überwinden. Nicht vor 2025 werde mit Ernten in den Clubs gerechnet (Paywall).
Ebenfalls skeptische Stimmen gibt es in Berlin. Keiner der Hauptstadt-Clubs könne zum Stichtag 1. Juli seinen Antrag auf Erteilung einer Anbauerlaubnis einreichen, denn es gebe keinen Adressaten. Berlin habe es versäumt, eine Behörde zu benennen, Musterformulare mit einzureichenden Unterlagen auszuarbeiten oder Ansprechpartner für die vielen Detailfragen zu benennen (Tagesspiegel, 1.7.2024).
Dabei war die Hoffnung in Berlin im Juni groß gewesen (rbb, 18.06.2024). Es gebe diverse Unternehmen, die nach dem Start der Clubs im Juli durchstarten wollen – die Branche wachse.
Auch das Gesundheitsministerium in Brandenburg rechne vorerst nicht mit einem Berg von Anträgen für den Anbau von Cannabis. Einen Tag nach dem Start der Vereine am 1. Juli habe es noch keine Anträge aus Brandenburg gegeben (Tagesspiegel, 2.7.2024).
Der Cannabis Socialclub Hannover, derzeit mit 300 Mitgliedern, und der Bremer Socialclub Werderhigh würden seit der Legalisierung eine hohe Nachfrage nach Mitgliedschaften verzeichnen. Der Bremer Club rechne nicht vor dem nächsten Jahr mit der ersten Abgabe aus eigener Anbauproduktion, da der Anbau erst nach Erhalt der Lizenz beginnen darf. (ndr – 28.06.2024)
Die Tagesschau (02.07.2024) berichtet, dass viele Bundesländer erst kurzfristig Zuständigkeiten benannt hätten. Bis zu drei Monate müssten die Clubs auf Entscheidungen der Behörden warten. Auch gesellschaftliche Skepsis und geringe Bereitschaft von Vermietern, Flächen zur Verfügung zu stellen, würden Hürden darstellen. Die Tagesschau (1.7.2024) beschreibt auch, wie die Anbauvereinigungen ganz grundsätzlich funktionieren sollen.
#CannaMedizin
Der Tagesspiegel Background wirft einen kritischen Blick auf Telemedizin-Geschäftsmodelle (Paywall, 1.7.2024)
Der starke Anstieg von Cannabis-Verschreibungen über Privatrezepten beunruhige Bundestagsabgeordnete der SPD und Union. SPD-Innenpolitikerin Carmen Wegge kritisiere, dass Online-Plattformen Rezepte ohne persönliche Arztbesuche ausstellen, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sei. Onlineanbieter würden Videogespräche mit Ärzten vermitteln, die Cannabis auch bei leichten Beschwerden verschreiben. Die Union kritisiere diese Praxis scharf und bezeichnet sie als kommerzielle Abgabe von Cannabis durch die Hintertür. (Regional Heute, 03.07.2024)
Im MDR (9.7.2024) berichtet Dr. Carsten Lekutat, wann medizinisches Cannabis eingesetzt wird und wer es bekommen kann.
Seit wenigen Wochen boome das Geschäft mit medizinischem Cannabis. Patientenvertreter würden bereits vor Engpässen warnen. Schuld sollen vor allem Freizeitkiffer sein. (WiWo, 22.6.2024)
#CannaWirtschaft
Das Berliner Cannabis-Start-up Sanity Group bekomme Geld vom kanadischen Unternehmen Organigram. Der kanadische Cannabis-Produzent Organigram überweise 14 Millionen Euro in Form eines Wandeldarlehens in das Berliner Unternehmen. Zusätzlich könnten die Deutschen drei weitere Millionen Euro als zweite Tranche des Wandeldarlehens abrufen. Zuvor hätten bereits Stars wie Rapper Snoop Dogg, Model Stefanie Giesinger und Fußballer Mario Götze investiert. (WiWo, 25.6.2024)
Zwei Monate nach der Legalisierung von Cannabis in Deutschland sei die Stimmung auf dem Branchentreffen in Berlin prächtig. Mit mehr als 40.000 Besuchern und 400 Ausstellern etabliere sich die „Mary Jane“ als Leitmesse der Cannabiswirtschaft in Europa. (FAZ, 16.6.2024)
Das Frankfurter Start-up Bloomwell vermittele Patienten auf der Suche nach Cannabis-Rezepten an Ärzte. Seit April erlebt das Unternehmen großen Zulauf. Die FAZ diskutiert kritisch über Telemedizin. (FAZ, 18.6.2024)
#CannaGesellschaft
Die Berliner Hanf-Messe „Mary Jane“ zeige die boomende Cannabis-Industrie nach der Legalisierung in Deutschland. Es gebe Produkte wie Zuckerwatte mit THC und CBD-Öl für Haustiere. Die Veranstaltung wirke wie eine moderne Startup-Messe und diskutiere die Zukunft der Cannabis-Gesetzgebung in Deutschland. (Stern, 15.6.2024)
Laut Tagesspiegel Background (Paywall, 27.6.) hat jeder zweite zwischen 18 und 25 Jahren „Cannabis-Erfahrung“.
Für Aufsehen sorgt die Initiative „Endlich“, eine Aufklärungskampagne zu Medizinal Cannabis. Ziel der Kampagne sei, einen gesellschaftlichen Diskurs anzustoen. Daher stünden prominente Unterstützer, Ärzte, Apotheker und Medizinal Cannabis Patienten im Fokus des Aufklärungsvideos, die erklären würden, warum sie sich für den Einsatz von medizinischem Cannabis einsetzen (u.a. die Schauspieler Wotan Wilke Möhring und Tim Oliver Schultz, die Musikerin Vanessa Mai und der ehemalige Fußballprofi René Adler) (Healthcare Marketing, 26.6.2024). Auch Horizont (4.7.2024) berichtet über die Kampagne, hinter der der ex-Heimat-Chef stehe.
Die Süddeutsche Zeitung (02.07.2024) wirft einen Blick auf die Regeln, die für Cannabis-Konsumenten seit 1. April gelten. Was genau sei THC eigentlich, und wie wirke es? Wie könne man es konsumieren, wenn man keinen Tabak rauchen möchte? Und dürfe man abends kiffen und am nächsten Tag Auto fahren?
Laut msn (19.6.2024) habe seit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland der Konsum unter jungen Menschen zugenommen. Etwa ein Drittel der 16- bis 24-Jährigen konsumiere mehrmals im Monat, im Vergleich zu 21 Prozent vor der Legalisierung. Trotz dieser Zunahme bleibe die Gesamtzahl der Konsumenten relativ stabil, da 57 Prozent der Befragten kein Cannabis konsumieren, gegenüber 51,4 Prozent vor April. Die Mehrheit beziehe Cannabis weiterhin illegal, 18,2 Prozent von Unbekannten und 40,4 Prozent von Bekannten. Rund 29 Prozent würden ihr eigenes Cannabis anbauen.
Laut Berliner Morgenpost (11.6.24) mit Verweis auf eine aktuelle Umfrage, hätten viele Deutsche, besonders jüngere Menschen, Interesse am Eigenanbau von Cannabis und der Mitgliedschaft in Cannabis-Social-Clubs. 25 % der 30-Jährigen würden die Mitgliedschaft erwägen. 29 % der Deutschen hätten vor der Legalisierung bereits Cannabis konsumiert, und der Eigenanbau werde zur Kontrolle der Qualität bevorzugt.