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Cannabis-Legalisierung: Doppeltes Spiel des Gesundheitsministeriums?

Cannabis-Legalisierung: Doppeltes Spiel des Gesundheitsministeriums?

Scheitert die Cannabis-Legalisierung am Veto der EU-Kommission? Der Tagesspiegel Background berichtet heute unter Berufung auf Quellen aus der Industrie über eine informelle Runde führender Politiker am Mittwoch, den 11. Januar. Hintergrund: Zuvor soll die EU-Kommissarin Ylva Johansson Justizminister Marco Buschmann und Gesundheitsminister Karl Lauterbach mitgeteilt haben, dass mit ihr die Notifizierung eines Gesetzesentwurfes für die Legalisierung eines Genussmittelmarktes – nicht wissenschaftlich und nicht-medizinisch – nicht geschehen werde. Auch krautinvest.de lagen diese Informationen seit Mitte Januar vor. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums erklärte sie aber auf Anfrage für “nicht korrekt”. Eine bewusste Täuschung?

Am Montagabend, den 16. Januar gingen folgende Fragen von krautinvest.de an das Gesundheitsministerium:

Wie wir erfahren haben, hat die EU Kommissarin Ylva Johannson den deutschen Gesundheits- und Justizminister informiert, dass die EU-Kommission einen deutschen Gesetzesentwurf zur Cannabis-Legalisierung ablehnen werde, insofern dieser die Zustimmung der Kommission erfordere.

Bei den genannten Personen handelt es sich just um diejenigen, die nun auch vom Tagesspiegel namentlich aufgezählt werden. Doch noch am darauffolgenden Dienstagmorgen, keine 24-Stunden nach Eingang der krautinvest.de-Anfrage, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums uns gegenüber: “Ihre Informationen sind nicht korrekt”. Im weiteren verwies das Gesundheitsministerium darauf, dass schließlich nicht das Eckpunktepapier, sondern nur ein Gesetzesentwurf ratifiziert werden könne. Die gleiche Erläuterung erhielt krautinvest.de später von einem Sprecher der Europäischen Kommission sowie von einer Sprecherin des Justizministeriums. Mit einem feinen Unterschied: Es fehlte der Zusatz “Ihre Informationen sind nicht korrekt.”

Vielmehr ließ das Justizministerium verlauten, man äußere sich nicht “zu Details” des “Abstimmungsprozesses – auch mit der Europäischen Kommission”. Eine Sprecherin der Kommission erklärte: “Die EU-Kommission kann sich nicht zu politischen Erklärungen oder Gesetzesentwürfen äußern. Sobald die Rechtsvorschriften verabschiedet sind, wird die Kommission ihre Übereinstimmung mit dem EU-Besitzstand prüfen.”

Bleibt die Frage, wieso das Gesundheitsministerium mit dem Zusatz antwortete, die Informationen seien nicht korrekt. Eine bewusste Irreführung? Oder hatte sich in der Anfrage eine minimale “Unkorrektheit” eingeschlichen, mit der das Gesundheitsministerium sich im Recht sah, die Informationen per se als falsch abstempeln zu können? Was ist beispielsweise mit der Aussage, “…dass die EU-Kommission einen Gesetzesentwurf ablehnen werde…”? Vielleicht interpretierte das Gesundheitsministerium die Sachlage so, dass Johansson nur mitgeteilt habe, dass sie selbst persönlich die Zustimmung verweigere, nicht aber die Europäische Kommission? Oder war der Relativsatz “…insofern dieser die Zustimmung der Kommission erfordere…” nicht deutlich genug formuliert? Fragen über Fragen, die schlussendlich ohne Zutun der Beteiligten nicht beantwortet werden können.

Es ist indes nicht die erste Ungereimtheit aus Lauterbachs Ministerium. LTO berichtete Anfang Dezember des letzten Jahres von einer Pressekonferenz Ende November. Während Lauterbach dort auf vertrauliche Gespräche mit der EU-Kommission verwiesen habe, habe eine Sprecherin der EU-Kommission nur von einem einzigen Termin berichtet, bei der die Bundesregierung in Brüssel vor Ort war.

Mehr Licht ins Dunkel wird immerhin der Gesetzesentwurf bringen: Sieht dieser ein großflächiges wissenschaftliches Pilotprojekt vor oder aber eine Re-Klassifizierung von medizinischem Cannabis als OTC-Medikament, nicht aber eine grundsätzliche Cannabis-Legalisierung vor, dürfte klar sein, dass am Mittwoch, den 11. Januar 2023, in illustrer politischer Runde tatsächlich die Fetzen geflogen sind. Und dass die Antwort des Gesundheitsministeriums viellicht nicht zu hundert Prozent “nicht korrekt” war, um im Wortlaut zu bleiben, zumindest aber an den Haaren herbeigezogen.

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