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Cannabis aus Neuseeland kommt nach Europa

Der neuseeländische Produzent Cannasouth hat im Juli einen auf drei Jahre befristeten Liefervertrag mit dem deutschen Unternehmen Weeco Pharma abgeschlossen und will Weeco mit Cannabisblüten aus Neuseeland beliefern. Die beiden Partner wollen zusammen auch eigene Cannabissorten entwickeln. Weeco hat demnach das Vorkaufsrecht für jede neue von Cannasouth entwickelte Sorte. Wir haben den CEO von Cannasouth, Mark Lucas, gesprochen: Wie steht es um Medizinalcannabis “Made in NZ”?

Greenhouse Cannasouth

krautinvest.de: Wie sieht die Medizinalcannabis Industrie in Neuseeland aus? Wie groß ist der Markt?

Mark Lucas: Das Programm zu medizinischem Cannabis wurde im April 2020 implementiert und hat die Aufgabe, für Patienten den Zugang zu qualitativ hochwertigen und erschwinglichen medizinischen Cannabisprodukten (MC) zu verbessern. Es steckt noch in den Kinderschuhen: In den zwölf Monaten bis Juni 2021 wurden etwa 31.000 Flaschen CBD verschrieben, die Verkaufsmengen THC-haltiger Produkte sind weitaus geringer. Eine kleine Anzahl von Blütenprodukten erhielten gerade erst das Zertifikat, dass sie den Mindestqualitätsstandard der Medicinal Cannabis Agency (MCA, gehört zum neuseeländisches Gesundheitsministerium) entsprechen. Daher gibt es noch keine Daten zu den Verkaufsmengen von Blütenprodukten. 

krautinvest.de: Wie ist das Programm organisiert?

Mark Lucas: Das Programm ist von der Medicinal Cannabis Agency organisiert; es erlaubt jedem in Neuseeland registrierten Arzt (z. B. Facharzt oder Allgemeinmediziner), medizinische Cannabisprodukte zu verschreiben, die die Mindestqualitätsanforderungen erfüllen. Obwohl die Produkte auf ihre Qualität hin überprüft werden, gelten sie als nicht zugelassene Arzneimittel und werden auch nicht von unserem Gesundheitsministerium oder der Krankenkasse erstattet. Sativex ist das einzige zugelassene MC-Produkt in Neuseeland – und wird ebenfalls nicht erstattet.

krautinvest.de: Was ist einzigartig an der Medizinalcannabis Industrie in Neuseeland? 

Mark Lucas: Neuseeland genießt international einen ausgezeichneten Ruf in Bezug auf Qualität, ökologische Nachhaltigkeit und Kompetenz in den Primärsektoren wie Landwirtschaft und Gartenbau. Wir bringen diese Reputation und dieses Know-how in die globale medizinische Cannabisindustrie ein, indem wir qualitativ sehr hochwertige Produkte liefern. Neuseeland verfügt auch über jahrzehntelange Erfahrung in der Pflanzenzucht und wir können einzigartige Kultivare auf den internationalen Markt bringen, da es Wege gibt, diese auf legalem Weg vom lokalen illegalen Cannabismarkt zu beziehen.  

 

Edit: Wir haben noch einmal für Sie nachgehakt!

Es gebe laut Mark Lucas in NZ “Wege, legal Cannabis-Genetiken vom illegalen Markt zu beziehen” – Dazu wollten wir im Nachgang des Interviews noch Details erfahren und erhielten unsere Antworten von Kate Flynn, der Portfolio-Managerin des Unternehmens. 

krautinvest.de: Können Sie das im Detail erläutern? Wie funktioniert das, was sind die Vorschriften? Ist das ähnlich wie in Kanada (2018) oder wie unterscheidet es sich? Was sind die Parameter, die eine bestimmte Sorte definieren und eine Patentierung/Lizenzierung durch den Züchter/Entwickler oder das kaufende Unternehmen ermöglichen?

Kate Flynn (Portfolio Manager Cannasouth NZ): Nach dem derzeitigen Rechtsrahmen in Neuseeland haben lizenzierte med. Cannabis-Unternehmen die Möglichkeit, einzigartige lokale Sorten von nicht lizenzierten Anbauern für die kommerzielle medizinische Produktion zu beziehen. Die Unternehmen können bei der Medicinal Cannabis Agency (MCA) des neuseeländischen Gesundheitsministeriums beantragen, eine bestimmte Anzahl illegaler Samen oder Pflanzen mit ins Portfolio zu nehmen, indem sie schriftlich belegen, dass die Kultivare in Neuseeland entwickelt wurden. Es ist wichtig zu wissen, dass das Unternehmen einen Antrag stellen muss, und es ist keine Selbstverständlichkeit, dass die MCA den Antrag genehmigt. Obwohl dieser Weg den kanadischen Vorschriften ähnelt, kann er in Neuseeland in jeder Phase genutzt werden, während in Kanada die Zulassung illegaler Kultivare eine einmalige Ausnahmegenehmigung ist, die bei der Erstzulassung beantragt werden kann.

Wir gehen davon aus, dass unsere Regulierungsbehörden, wie auf vielen anderen Märkten weltweit, erkannt haben, dass es auf dem illegalen Markt in Neuseeland eine große Vielfalt an etablierten Sorten gibt, und dass sie einen Weg geschaffen haben, der eine schnellere Etablierung unserer Industrie unterstützt und gleichzeitig die Umwandlung des illegalen Marktes in einen legalen Markt fördert.

Cannasouth hat in der Vergangenheit mit Genehmigung der MCA lokale Sorten deklariert und in den Verkehr gebracht. Derzeit testen wir eine Reihe einzigartiger neuseeländischer Sorten, um sie auszuwählen und auf ihre kommerzielle Eignung zu prüfen. Cannasouth hat auch samenfeste Sorten von internationalen Züchtern über den legalen Importweg bezogen. Importiertes Saatgut muss nach einer phytosanitären Behandlung zertifiziert werden, um den neuseeländischen Vorschriften und unseren strengen Anforderungen an die Biosicherheit zu entsprechen. Um das Risiko überschaubar zu halten und unsere hohen Qualitätsstandards bereits in den ersten Phasen der Saatgutbeschaffung und der Sortenauswahl anzuwenden, haben wir uns außerdem für die Validierung interner PCR-Tests entschieden, um sicherzustellen, dass das gesamte Material, das in unser genetisches Onboarding-Programm gelangt, frei von unerwünschten Krankheitserregern wie HLVD und anderen Pilzen ist.

Sowohl einheimische als auch importierte Sorten bieten Cannasouth ein breit gefächertes Portfolio an genetischen Optionen, die wir auf ihre kommerzielle Eignung für verschiedene Märkte prüfen und auswählen können.

Cannasouth ist sich der Variabilität und Ungewissheit in Bezug auf die Abstammung und den Namen der Sorte bewusst. Daher konzentrieren wir uns darauf, unseren “genetischen Onboarding-Trichter” voll zu halten und routinemäßig so viele Sorten wie möglich zu profilieren, damit wir unsere kommerzielle Auswahl nur auf die besten phänotypischen und chemotypischen Eigenschaften der Pflanzen und Blüten stützen können, um die Bedürfnisse der Patienten mit medizinischem Cannabis sowohl in Neuseeland als auch weltweit zu erfüllen.

 

Fortsetzung des Originalartikels

 

krautinvest.de: Was sind die Qualitätsanforderungen für die Herstellung von medizinischem Cannabis in Neuseeland? 

Mark Lucas:  Medizinische Cannabisprodukte müssen nach GMP-Standards hergestellt werden, die gemäß des 2002 zwischen der EU und Neuseeland geschlossenen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung den EU-GMP Standards entsprechen. Die Produkte müssen vor dem lokalen oder internationalen Vertrieb die Mindestqualitätsstandards erfüllen. Getestet werden alle Produkte gemäß dem Europäischen Arzneibuch, wonach strenge Grenzwerte unter anderem für Schadstoffe, mikrobielle Verunreinigungen und den Gehalt an Cannabinoiden einzuhalten sind.

krautinvest.de: Welche Rolle, glaubst du, spielt medizinisches Cannabis aus Neuseeland im internationalen Kontext? 

Mark Lucas: Eine konstante Bereitstellung von qualitativ hochwertigen EU-GMP-Produkten sowie Differenzierungsmöglichkeiten mit unserer ortstypischen, einzigartigen Genetik.

krautinvest.de: Aus der Perspektive eines neuseeländischen Produzenten – Wo siehst du die interessantesten internationalen Märkte? 

Mark Lucas: Aufgrund der hohen Qualitätsstandards in Neuseeland sind solche Märkte von größtem Interesse, die ebenfalls mit EU-GMP-Qualitätsprodukten arbeiten, also insbesondere Deutschland, aber auch Länder wie Großbritannien, die Tschechische Republik und Polen, um nur einige zu nennen.

Über Mark Lucas:

Mark leitet als CEO und Mitgründer das erste an der NZX gelistete Unternehmen für medizinischen Cannabis, Cannasouth

Mit Sitz in der Waikato-Region haben Mark und sein Team hochmoderne Forschungslabors und Cannabis-Anbauanlagen eingerichtet. 

Cannasouth war eines der ersten Unternehmen in Neuseeland, das Forschungslizenzen für medizinisches Cannabis sowohl für den Anbau als auch für die Extraktion von Cannabinoiden erhielt.

Das Ziel des Unternehmens ist die Entwicklung von Cannabinoid-Therapeutika. Mark ist seit 1995 in der Industriehanfbranche in Neuseeland tätig und war 2002 an einigen der ersten lizenzierten Hanfanbau-Versuche des Landes beteiligt. Marks geschäftliche Erfahrung erstreckt sich über 25 Jahre. Er ist von Natur aus ein Unternehmer mit einer Leidenschaft für das Geschäft und war an einer Reihe von Ventures beteiligt, von der ersten Idee bis hin zu reifen, gut etablierten Unternehmen.

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